Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

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Alle Gewinnerstädte des ADFC-Fahrradklima-Tests 2024 bei der Preisverleihung im Bundesverkehrsministerium © ADFC/Deckbar Photographie

ADFC-Fahrradklima-Test 2024: Deutschland verbessert sich minimal

Am 17. Juni 2025 stellte der ADFC zusammen mit Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests 2024 vor. Großstädte werden fahrradfreundlicher, das Miteinander im Verkehr bleibt herausfordernd.

Über 130 Teilnehmende waren der Einladung des ADFC gefolgt und fanden sich im Bundesverkehrsministerium in Berlin zur Auszeichnung der Siegerstädte und anschließenden Fachveranstaltung ein. 

Der elfte ADFC-Fahrradklima-Test zeigt eine leichte Verbesserung des Fahrradklimas in Deutschland, offenbart aber weiterhin erhebliche Defizite. 213.000 Menschen bewerteten 2024, wie sicher und komfortabel sich das Radfahren in ihrer Stadt oder Gemeinde anfühlt. Die Gesamtnote verbesserte sich von 3,96 auf 3,92 – ein Fortschritt, der sich in allen Ortsgrößenklassen zeigt.

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder ehrte die fahrradfreundlichsten Städte und betonte: „Wir wollen die Attraktivität und Sicherheit des Radfahrens für alle Bürgerinnen und Bürger flächendeckend erhöhen." Der Minister hob hervor, dass gute Maßnahmen vor Ort spürbar die Zufriedenheit im Radverkehr steigern: „Mit guter, möglichst getrennter Infrastruktur verbessert sich beispielsweise sowohl das Verkehrsgeschehen als auch das Miteinander – und das nicht nur auf dem Rad, sondern für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer gleichermaßen“, so Schnieder. 

 

Minimale Fortschritte bei hartnäckigen Problemen

Das Fahrradklima in Deutschland bleibt insgesamt unbefriedigend, obwohl sich alle Ortsgrößenklassen leicht verbessert haben. Besonders ermutigend: Engagement zahlt sich aus. Seit 2018 nehmen Menschen die Förderung des Radverkehrs in größeren Städten zunehmend wahr und bewerten sie positiv. Zehn von 15 Städten über 500.000 Einwohner zeigen einen Aufwärtstrend. Großstädte verbessern sich kontinuierlich, während kleinere Kommunen und der ländliche Raum bei der Fahrradförderung oft Nachholbedarf haben. ADFC-Bundesvorsitzender Frank Masurat sagte: „In fast allen Großstädten zeigt sich, dass Investitionen in den Radverkehr – in breite, sichere Radwege, Fahrradbrücken und Fahrradparkplätze – sofort für mehr Zufriedenheit unter den Radfahrenden sorgen. Selbst hügelige Städte wie Tübingen und Auerbach im Vogtland haben es durch den konsequenten Ausbau der Radwegenetze – und die wachsende Beliebtheit von Pedelecs – geschafft, fahrradfreundlicher zu werden.“

Licht und Schatten bei der Bewertung

Positive Entwicklungen zeigen sich bei der Erreichbarkeit der Stadtzentren mit dem Rad (Note 2,78). Die Bemühungen vieler Kommunen, ihre Ortsmitte attraktiver zu gestalten, kommen an. Auch die systematische Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr wird mit 2,8 positiv bewertet. Dass Menschen aller Altersgruppen Rad fahren, erhielt die Note 3,12, und sichere Abstellanlagen wurden besser bewertet als in den Vorjahren (3,85).

Problematisch bleiben die Radwegebreiten mit einer Note von 4,70, die fehlende Kontrolle von Falschparkenden (4,69) und die Führung an Baustellen (4,65). Zu schmale oder zugeparkte Radwege bereiten weiterhin Probleme. 70 Prozent der Befragten fühlen sich auf dem Rad im Straßenverkehr nicht sicher. 

Frankfurt überholt traditionelle Fahrradstädte

Bei den Großstädten über 500.000 Einwohner:innen führt Frankfurt am Main mit einer Bewertung von 3,5. Die Stadt hat dem Rad mehr Raum verschafft – auch zu Lasten des Autoverkehrs – und überholt damit Hannover (3,52) und die traditionelle Fahrradstadt Bremen (3,54). Nürnberg holte am stärksten auf, Leipzig bleibt im Osten die führende Metropole. In Berlin verschlechterte sich das Fahrradklima.

Auch Städte mit anspruchsvollen Steigungen können zu „Fahrradhochburgen“ werden. Tübingen katapultierte sich mit 2,77 auf den ersten Platz in der Stadtgrößenklasse über 50.000 Einwohner:innen und liegt vor Nordhorn (2,83) und Bocholt (2,92). Bei Städten ab 200.000 Einwohner:innen bleibt Münster (2,97) vor Freiburg im Breisgau (3,03) und Karlsruhe (3,05) führend.

 

Miteinander im Verkehr bleibt schwierig

Die Sonderbefragung zum „Miteinander im Verkehr“ offenbart ein deutliches Problem: Das Miteinander wird mit 4,05 schlechter bewertet als das Fahrradklima insgesamt (3,92). Für Radfahrende sind das Sicherheitsgefühl und ihre Akzeptanz als Verkehrsteilnehmende besonders wichtig – aber darum ist es fast überall in Deutschland schlecht bestellt. 

Selbst Fahrradstädte wie Münster, Freiburg und Karlsruhe können hier kaum punkten. Wegweisend sind Aachen und Bonn, die sichtbar für rücksichtsvolles Miteinander werben. Aachen erhält den Sonderpreis des ADFC-Fahrradklima-Tests 2024 für erfolgreiche Verkehrsprojekte mit breiter Bürgerbeteiligung.

ADFC-Bundesvorsitzender Frank Masurat betonte: „Was uns weiter Sorgen macht, ist das Thema Sicherheit. Mehr als zwei Drittel der Radfahrenden fühlen sich im Straßenverkehr nicht sicher. Am meisten stresst es, wenn Radwege zu schmal oder zugeparkt sind. Oder wenn man auf Straßen ohne eigenen Radweg mit zu geringem Abstand überholt wird." Die Lösung sei aber bekannt: „Gute Infrastruktur fördert gutes Miteinander“, so Masurat. 

Fachveranstaltung

Die Fachveranstaltung zum Thema „Ein gutes Miteinander kommt nicht von allein“ wurde eingeleitet von einem Impulsvortrag von Prof. Dr. Katharina Manderscheid, Professorin für Soziologie, insb. Lebensführung und Nachhaltigkeit an der Universität Hamburg. Sie zeichnete nach, wie der Straßenraum sich entwickelt hat: Von Flächen, die nicht primär Verkehrswege, sondern Raum für soziale Interaktion waren, zur rein auf den Autoverkehr ausgerichteten Infrastruktur. 

Diese Aufteilung sei nun zum Problem geworden und mache eine Verkehrswende  notwendig, die den Autoverkehr deutlich reduziert. Die nötigen Veränderungen stießen im durch Krisen und Veränderungen gereizten gesellschaftlichen Klima oft auf Ablehnung. Das schlechte Verkehrsklima, die der ADFC-Fahrradklima-Test aufzeige, sei aber auch eine Folge der nicht mehr zeitgemäßen Aufteilung des Straßenraums. Es lasse sich nicht allein durch Appelle verbessern. Zudem sei zu bedenken, dass auch das Auftreten des Autos von Protesten begleitet worden sei und längere Zeit brauchte, um akzeptiert zu werden. Diese Geduld müsse auch für die aktuelle Verkehrswende aufgebracht werden. 

 

Podiumsdiskussion

An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Prof. Dr. Manderscheid auch Dr.-Ing. Alexander Rammert, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Strategischen Mobilitätsplanung Stratmo, Uwe Müller, Fachbereichsleiter Mobilität und Verkehr der Stadt Aachen sowie Dr. Caroline Lodemann, Politische Bundesgeschäftsführerin des ADFC, teil. 

Diskutiert wurde, wie die Verkehrswende kommuniziert werden könne, um Konflikte zu vermeiden oder abzubauen. Dem Gefühl, man nehme manchen Verkehrsteilnehmenden etwas weg, müsse gegenübergestellt werden, dass ihnen auch viel zurückgegeben werde, insbesondere Lebensqualität. Die richtige Kommunikation und passende Narrative seien neben Bürger:innenbeteiligung wichtige Elemente dafür, dass die Verkehrswende akzeptiert werde. Ohne politischen Willen und entschiedenes Handeln gehe es aber nicht. 

Breite gesellschaftliche Teilnahme

Es nahmen 213.000 Menschen an der Befragung teil. Fast 80 Prozent sind keine ADFC-Mitglieder, mehr als 90 Prozent haben Zugang zu Fahrrad und Auto – sie kennen beide Perspektiven im Straßenverkehr. Der Anteil der Menschen, die vor allem Elektrofahrräder nutzen, stieg von 15 Prozent (2018) auf 38 Prozent (2024).

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