Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

Parlamentarischer Abend 2016

Austausch beim Parlamentarischen Abend 2016. © Deckbar Photographie

Parlamentarischer Abend 2016: Radschnellwege jetzt

Verkehrspolitiker aus Bund und Ländern waren sich beim Parlamentarischen Abend des ADFC im Mai 2016 einig, dass Radschnellwege enormes Potenzial haben, Autofahrer auf das Rad zu bringen und damit Stau- und Klimaprobleme in den Griff zu bekommen.

Pläne gibt es überall in Deutschland - nur bei der Finanzierung klaffen riesige Lücken. Der Bund zieht sich bei der Finanzierungsfrage bisher auf Nicht-Zuständigkeit zurück. Doch im Laufe der teils hitzig geführten Podiumsdebatte keimte Hoffnung auf.  

Im Ruhrgebiet und den Großräumen Hannover, Frankfurt, Nürnberg und München liegen Pläne für Radschnellwege in Schubladen – und kommen kaum voran. Denn: Die Zuständigkeiten für diese neue Form von überregionaler Infrastruktur sind ungeklärt und die Kommunen mit der Finanzierung überfordert. Das gilt auch für das ambitionierteste Projekt, den Radschnellweg 1 (RS1), quer durch das Ruhrgebiet. Eine vom Bund finanzierte Machbarkeitsstudie hat gezeigt, dass etwa 52.000 Pkw-Fahrten mit über 400.000 gefahrenen Kilometern eingespart und auf das Rad verlagert werden könnten. Bei einem Investitionsvolumen von etwa 184 Millionen Euro braucht das Land Unterstützung des Bundes.             

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek: „1,6 Millionen Bürger zwischen Duisburg und Hamm warten auf die Nachricht, dass es mit dem Radschnellweg 1 zügig voran geht. Dort kommen sie künftig schnell, sicher und entspannt zur Arbeit oder zur Uni, und entlasten gleichzeitig die Autostraßen. Der RS1 hat das Potenzial, eine weltweite Blaupause für innovativen Verkehr in Ballungsräumen zu werden.“ Wer Mobilität in die Metropolen bringen wolle, komme an Radschnellwegen nicht vorbei, so Groschek in der Diskussion.    

In den Niederlanden hat der Bund seit 2006 im Rahmen des Programms „Fiets filevrij“ 80 Millionen Euro in den Bau von Radschnellwegen investiert, um Stau-Probleme zu lösen. Der deutsch-niederländische Architekt Stefan Bendiks sagte: „Wir wissen, dass ein Drittel des Staus auf Autobahnen aus lokalem Verkehr besteht. Diese lokalen Fahrten können auch Radschnellwege aufnehmen.“ 300 Kilometer Radschnellwege gibt es in den Niederlanden schon, 600 weitere Kilometer sind in Planung. In Deutschland sind es nur zwischen 10 und 40 Kilometer, je nach Auslegung des Begriffs. Die Erfolge der Nachbarn sind greifbar: In niederländischen Regionen mit Radschnellwegen fahren 25 Prozent der Berufstätigen mit dem Rad zur Arbeit – in Deutschland sind es nur 11 Prozent. Bendiks: „Deutschland hat jetzt die Chance, die Nachfolgemarke für die weltweit bekannten Deutschen Autobahnen zu entwickeln, die Deutschen Radschnellwege. Denn in den Niederlanden und Dänemark wissen wir: Wenn die Deutschen etwas machen, dann machen sie es richtig gut!“        

Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, betonte den Klima-Effekt von Radschnellwegen: „Das Fahrrad gehört zur nachhaltigen Mobilität. Radfahren ist aktiver Schutz der Umwelt und mehr Lebensqualität für die Menschen. Radschnellwege sind daher eine zeitgemäße Maßnahme: Auch für größere Entfernungen etwa im Stadt-Umland-Verkehr schaffen sie attraktive Alternativen.“ Wenn man die Jahresleistung eines durchschnittlichen deutschen Radlers, nämlich etwa 300 Kilometer, verdoppele – würde das jährlich 40 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Ohne Beiträge des Verkehrs-Sektors seien die Klimaziele von Paris nicht zu schaffen, so Schwarzelühr-Sutter.  

ADFC-Verkehrsvorstand Ludger Koopmann forderte erneut die Unterstützung des Bundes: „Der Personenverkehr wächst bis 2030 zweistellig weiter – und jeder Bundesbürger steht schon jetzt 38 Stunden im Jahr im Stau. Wenn wir über die Mobilität der Zukunft reden, ist nicht mehr Auto die Lösung, sondern weniger! Radschnellwege sind das Lösungskonzept gegen verstopfte Autobahnen. Und dafür liegt die Verantwortung beim Bund!“ Prof. Dr. Stefan Klinski, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, verstärkte die ADFC-Forderungen durch Ergebnisse aus einem aktuellen Rechtsgutachten. Der Bund könne durchaus Bauprojekte von besonderer Bedeutung mitfinanzieren – und das solle er bei den Radschnellwegen auch tun, so Klinski. Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, bekräftigte zwar die bekannte Position, dass Radschnellwege nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fielen. Aber: Wenn Radschnellwege im Umfeld von Bundesfernstraßen verliefen, könne der Bund prüfen, ob er sich an Teilstücken zu beteiligt, so Barthle. Diese Botschaft wurde von vielen Anwesenden als Fortschritt wahrgenommen.       

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork fasste die Erwartungen so zusammen: „Fünf Prozent aller Autobahnkilometer verlaufen mitten durch Städte - ein monströses und überkommenes Konzept. Wir wollen, dass der Bund bei allen innerstädtischen Autobahn-Ausbauprojekten – wie A52, A57, A115 – wohlwollend prüft, ob ein Radschnellweg die Kurzdistanzen aufnehmen kann und deshalb die bessere Alternative ist. Und wir brauchen ein eigenes Förderprogramm für Radschnellwege - das geht verfassungsrechtlich, wenn man es will. Der ADFC steht bereit, das Bundesverkehrsministerium beim Entwurf eines ‚Aktionsplans Radschnellwege‘ zu beraten.“  

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