Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

Neue Pop-up-Bike-Lane in Paris.

Neue Pop-up-Bike-Lane in Paris. © Collectif Velo Ile-de-France

Weltweit verändern Städte ihre Mobilität

Im Zuge der Pandemie denken viele Städte weltweit ihre Verkehrsstrategien neu. Rettung in der Krise verspricht das Fahrrad. Metropolen wie Paris, Bogotá, London, Mailand, Brüssel und Berlin fördern den Radverkehr.

Viele Städte auf der Welt erleben gerade drastische Veränderungen. Aufgrund von pandemiebedingten Einschränkungen mussten viele Millionenmetropolen ihre Mobilitätskonzepte neu gestalten. Daraus ist so etwas wie eine „Velorution“ – eine Fahrradrevolution – entstanden, wie man z. B. in Brüssel die jüngste urbane Entwicklung nennt. Jedenfalls ist es kein vereinzeltes Ereignis mehr, wie die vielen Beispiele der Weltmetropolen zeigen.

Pop-up-Bike-Lanes in Bogotá und Berlin

Bogotá hat als erste der großen Weltmetropolen Fahrbahnen in Radfahrstreifen umgewandelt, damit Radfahrende mehr Platz erhalten, um die Abstandsregeln einzuhalten. Die kolumbianische Hauptstadt hat Mitte März quasi über Nacht die sogenannten Pop-up-Bike-Lanes eingerichtet und somit das Radverkehrsnetz um 117 km erweitert. In den wenigen Tagen vor der Ausgangssperre stieg der Anteil an Radfahrenden in Bogotá um 70 Prozent an.

Auch Berlin hat, als erste Stadt in Deutschland, temporäre geschützte Radfahrstreifen auf mehrspurigen Straßen abgetrennt und Aufstellflächen an Kreuzungen vergrößert, damit Radfahrer*innen Abstand halten können. Mit provisorischen gelben Markierungen, Fahrradpiktogrammen und Baustellenbaken sind die Radfahrstreifen gekennzeichnet und gesichert. Insgesamt kommen in Berlin rund 22 km temporäre Radfahrstreifen zusammen.

Île-de-France: Vom temporären zum dauerhaften Radnetz

Andere Städte greifen das Beispiel auf. Der Verkehr in der Pariser Metropolregion Île-de-France wurde zur Bekämpfung der Pandemie stark eingeschränkt. Die französische Hauptstadtregion hat das Fahrrad als Lösung erkannt und will es als Massenverkehrsmittel fördern. Die ohnehin geplanten Radnetze sollen jetzt schneller umgesetzt werden – mit Pop-up-Bike-Lanes als Provisorien, die zugleich das zukünftige Regio-Radnetz vorbereiten sollen. Das Radverkehrsnetz in und um Paris soll um neun Strecken mit einer Länge von 680 km erweitert werden. Mit einer Investition von 300 Millionen Euro will die Region das Ziel erreichen und die Fahrradnutzung verfünffachen.

 

London will den Radverkehr verzehnfachen

„London Streetspace“ heißt das ambitionierte Programm zur Förderung des Radnetzes, das der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan Anfang Mai vorgestellt hat. Es sieht eine rasche Umgestaltung von bestehenden Straßen vor, um den Fußgängerverkehr zu verfünffachen und den Radverkehr zu verzehnfachen, nachdem die Einschränkungen aufgehoben sind.

Londons regelmäßig überfüllte U-Bahn transportiert im Zuge der Pandemie nur noch  20 Prozent der bisherigen Fahrgäste. Die Stadtverwaltung befürchtet einen Stillstand, wenn sich Londons Einwohner*innen nun verstärkt ins Auto setzen.

Das Programm soll rasch ein strategisches Radverkehrsnetz entwickeln. Ähnlich wie in der Pariser Metropolregion soll es zunächst mit provisorischen Radwegen vorbereitet werden. Zudem sollen auch breitere Fußwege entstehen, um mehr Abstand für zu Fuß Gehende zu ermöglichen.

Brüssel: Entschleunigung im Stadtzentrum

Auch die belgische Hauptstadt gestaltet ihre Straßen neu. Radfahrende und zu Fuß Gehende sollen im Stadtzentrum nicht nur mehr Platz, sondern auch Vorrang bekommen. Dabei verlangsamt sich der motorisierte Verkehr auf maximal 20 km/h. Die Innenstadt soll eine „Begegnungszone“ werden, wie die Stadtverwaltung das verkehrsberuhigte Stadtgebiet nennt. Zudem soll Brüssel kurzfristig 40 km neue Radwege bekommen.

Chance für Neustart

Die Liste geht weiter: In New York, Vancouver, Mexiko-Stadt und Budapest wurden autofreie Nebenstraßen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs eingerichtet. Auch Wien schafft mehr Platz für Menschen. Ähnlich wie in Brüssel wurden Wiener Wohnstraßen in sogenannte Begegnungszonen umgewandelt. Die norditalienische Stadt Mailand will mit einem neuen Verkehrskonzept die Wirtschaft wiederbeleben. Durch mehr Platz zum Flanieren und Radfahren sollen auch die Geschäfte durch die attraktive Umwelt profitieren.

Die Weltmetropolen passen sich an die veränderte Mobilität der Menschen zügig an und nutzen diese Umbruchphase, um ihre Einwohner*innen für eine nachhaltige Mobilität zu begeistern. Auch Deutschlands Städte und Kommunen dürfen die Chance nicht verpassen und müssen jetzt rasch  mehr Platz für Mensch und Fahrrad schaffen.

Der ADFC appelliert an Städte und Gemeinden, sich jetzt krisenfest aufzustellen und die Maßnahmen für eine nachhaltige Moblität zu ergreifen. Mit einem Handlungsleitfaden fordert der ADFC jetzt die Kommunen auf, Schnell-Bauprogramme für Radwegenetze und verkehrsberuhigende Maßnahmen zu initiieren.

alle Themen anzeigen

Werde ADFC-Mitglied!

Unterstütze den ADFC und die Rad-Lobby, werde Mitglied und nutze exklusive Vorteile!

  • exklusive deutschlandweite Pannenhilfe
  • exklusives Mitgliedermagazin als E-Paper
  • Rechtsschutzversicherung
  • Vorteile bei vielen Kooperationspartnern
  • und vieles mehr

Dein Mitgliedsbeitrag macht den ADFC stark!

Zum Beitrittsformular

Verwandte Themen

Konflikte mt dem Kfz-Verkehr können für Radfahrende stressig sein.

Projekt ESSEM untersucht Stressempfinden von Radfahrenden

Das Projekt ESSEM untersucht Einflussfaktoren auf das Stressempfinden von Radfahrenden, um Radfahren sicherer und…

5 Minuten Ruhe im lauten Straßenverkehr

ADFC-Aktion: 5 Minuten Ruhe

Radverkehrspolitik braucht einen größeren Stellenwert, um die derzeitigen Umstände auf den Straßen wie Stress und Lärm…

Gründung des Parlamentskreises Fahrrad am 10.10.2018 in Berlin: Die ersten Mitglieder und Gratulanten.

Parlamentarischer Abend „Faktor Fahrrad: Wirtschaftskraft und Lebensqualität“

Die Fahrrad- und Branchenverbände ZIV, VSF und ADFC luden am 10. Oktober 2018 zum gemeinsamen Parlamentarischen Abend…

Flüchtlingsarbeit im ADFC

Arbeit für Geflüchtete: Integrationsbeschleuniger

Schon immer bringen die Aktivitäten rund um das Fahrrad Menschen zusammen – das große ehrenamtliche Engagement im ADFC…

Projekttreffen "STEM on the Move" in Südafrika.

ADFC Bayern unterstützt Schulprojekt in Südafrika

Der ADFC Bayern berät ein internationales Projekt, das naturwissenschaftliche Schulfächer durch Bewegung wie Radfahren…

Der Sitzungssaal der ADFC-Bundeshauptversammlung 2023.

ADFC-Bundeshauptversammlung 2023

Am 11. und 12. November wählten die Delegierten in Berlin und digital auf der ADFC-Bundeshauptversammlung ein neues…

Klimakommission verfehlt das Ziel

Die Arbeitsgruppe „Klimaschutz im Verkehr“ der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ konnte sich nicht auf…

Radentscheid Stuttgart

Radentscheid Stuttgart

Die Gruppe Radentscheid Stuttgart stellte Mitte April ihren Plan für ein Bürgerbegehren für eine bessere Fahrradpolitik…

Der politische Leitantrag wurde auf der 42. ADFC-Bundeshauptversammlung in Bremen einstimmig angenommen.

ADFC-Bundeshauptversammlung 2022

Die 42. Bundeshauptversammlung tagte am 12. und 13.11.2022 in Bremen. Die 140 Delegierten stimmten über Anträge zur…

https://www.adfc.de/artikel/weltweit-veraendern-staedte-ihre-mobilitaet

Bleiben Sie in Kontakt