
Projekt MTB-Marathon Teil 4: Countdown mit neuem Rad
Der Wettkampf rückt näher: Am 17. Juli startet das Etappenrennen Treibjagd im Dunkelwald. Mit dabei: Ein neues wettkampffähiges Bike von Canyon und neues Zubehör. Dazu Erfahrungsberichte zu Kettenwachs statt Kettenöl und einem Schuh für Profis.
Bald wird es ernst: Die letzten Trainingsfahrten werden absolviert und das Material optimiert, bevor es ins Erzgebirge zum Rabenberg geht, um den herum das MTB-Etappenrennen Treibjagd im Dunkelwald ausgetragen wird.
Neu dabei ist das Canyon Lux Trail CF 8. Es löst das Specialized Chisel ab. Die Unterschiede zwischen den Rädern beleuchten wir unten. Zum Rad hat Canyon auch ein Paar Schuhe geschickt, die auch im World Cup zum Einsatz kommen. Ergon hat den neuen MTB-Sattel SMS Sport zur Verfügung gestellt, Chiba ein Paar Handschuhe. Red Bull braut nicht nur einen Energiedrink, sondern bietet auch Radbrillen an. Eine davon konnten wir ausprobieren. Im Radsport ist es populär, Ketten zu wachsen statt zu ölen. Wir zeigen, wie das geht und was es bringt.
Neues Mountainbike: Canyon Lux Trail CF 8
Bislang war der Redakteur auf dem Specialized Chisel unterwegs. Es hat sich als hervorragendes Rad für einen vergleichsweise günstigen Preis erwiesen. Ein echtes Wettkampfrad ist es aber nicht. Das liegt vor allem am Gewicht von etwa 14 Kilogramm und an der fehlenden Möglichkeit, die Federung zu blockieren. In manchen Situationen ist das nötig, um Energie zu sparen, etwa im Wiegetritt, bei Sprints oder schnellen Passagen ohne größere Unebenheiten.
Das Lux Trail ist dagegen etwa eineinhalb Kilo leichter als das Specialized. Zudem sind die Laufräder leichter, was sich in deutlich höherer Spritzigkeit beim Beschleunigen äußert. Dazu bietet es einen dreistufigen Lockout: Die Federung kann ganz blockiert werden, ganz geöffnet oder verhärtet werden.
Mit 120 Millimeter Federweg vorn und 115 Millimetern hinten bietet das Canyon ähnliche Werte wie das Chisel. Das Lux Trail ist quasi die komfortablere Version des Lux World Cup, das von den Canyon-Rennfahrer:innen über die Kurse gejagt wird und mit weniger Federweg ausgestattet ist. Für Normalsterbliche sind die zusätzlichen Zentimeter sehr sinnvoll, denn damit erhöht sich nicht nur der Komfort, sondern auch die Sicherheit, wenn mal große Brocken im Weg liegen.
Ausstattung
Basis des Rads ist ein Carbonrahmen, der nicht nur leicht ist, sondern auch ein kleines Staufach im Unterrohr bietet. In einer zusätzlich erhältlichen Tasche lassen sich einige Kleinigkeiten unterbringen. Viel passt zwar nicht hinein, aber ein Schwalbe Aerothan-Ersatzschlauch, der weniger dick aufträgt als ein Standardschlauch, und eine CO2-Patrone zum Aufpumpen finden darin Platz. Unter dem Oberrohr lässt sich zudem ein Canyon-Minitool befestigen. Diese Dinge müssen also nicht in den Trikot- oder an außen angebrachten Rahmentaschen untergebracht werden – äußerst praktisch.
Geschaltet und gebremst wird mit der bewährten Shimano Deore XT-Komponentengruppe. Die Federung übernehmen Federgabel und Federbein von Fox. Die versenkbare Sattelstütze stammt ebenfalls von Fox.
Fahrverhalten
Wer schnell fahren will, wird Freude am Lux Trail haben. Bergab vermittelt das Rad viel Sicherheit, bergauf sorgt die aggressive Geometrie dafür, dass die Kraft aus den Beinen effizient in Vortrieb umgesetzt wird. Die montierten Reifen bieten dabei viel Traktion: Der vorne montierte Wicked Will von Schwalbe mit grober Profilierung steuert sicher auch durch tiefen Untergrund, hinten bringt der Racing Ralph vom selben Hersteller Vortrieb. Allerdings haben die Reifen einen deutlich höheren Rollwiderstand als die bereits vorgestellten Schwalbe Rick-Reifen. Daher wurden diese für den Wettkampf montiert, die grobstolligeren Reifen kommen zum Einsatz, sollten Bedingungen wie Schlamm und Nässe es verlangen.
Bis die Federung optimal eingestellt ist, bedarf es wie immer einiger Einstellungsarbeit. Man sollte mit dem Luftdruck und der Ausfedergeschwindigkeit experimentieren, bis man sich in jedem Gelände wohl damit fühlt.
Per Lenkerhebel lässt sich während der Fahrt die Federung blockieren, öffnen oder verhärten. Diese mittlere Einstellung ist immer dann von Vorteil, wenn auf holprigem Untergrund kräftig in die Pedale getreten werden muss, aber nicht der gesamte Federweg benötigt wird. Tatsächlich ist das die Federungseinstellung, die am meisten zum Einsatz kommt. Blockiert wird nur, wenn es stark bergauf geht, und nur in wirklich ruppigen Abfahrten wird die Federung ganz geöffnet.
Die Bedienhebel für die Federlemente und für die versenkbare Sattelstütze müssen allerdings sorgfältig platziert werden, da sie sich sonst in die Quere kommen oder schlecht zu erreichen sind. Die Sattelstütze selbst funktioniert problemlos, hat allerdings spürbares seitliches Spiel – die Sattelnase kann leicht nach links und rechts gedreht werden – und macht gelegentlich durch Knackgeräusche auf sich aufmerksam.
Das Lux Trail CF 8 kostet 4.499 Euro.
Sattel: Ergon SMS Sport Men
Der Originalsattel des Canyon von Ergon wurde durch ein neueres Modell desselben Herstellers ersetzt: den Ergon SMS Pro Men, der auch für Frauen erhältlich ist. Die Polsterung ist auf unebenes Geläuf abgestimmt und soll damit Stöße absorbieren. Das Heck ist leicht nach oben gezogen, um an steilen Anstiegen eine bessere Abstützung der Sitzknochen zu bieten und so die Tretkraft effizienter auf die Pedale bringen zu können. Die Aussparung in der Mitte soll den Dammbereich entlasten. Der Sattel ist in zwei Breiten erhältlich. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er zu der eigenen Ergonomie passt.
Ein Sattel ist immer eine individuelle Angelegenheit – was einer Person passt, muss einer anderen noch lange nicht passen. Der Redakteur kommt jedenfalls gut damit klar. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn man den Sattel während der Fahrt vergisst, und das war der Fall. Es gab keine Probleme mit Schmerzen oder Reibung, und die Polsterung erwies sich als dauerhaft komfortabel, obwohl sie sehr straff wirkt. Wie bei Ergon üblich ist auch die Verarbeitung sehr hochwertig, alles wirkt wie aus einem Guss. Erhältlich ist der Sattel für 79,95 Euro.
Eine Brille, die Flügel verleiht?
Über das Getränk, das Red Bull verkauft, sind die Meinungen gespalten. Aber die Brausebrauerei verkauft auch diverses Zubehör unter dem eigenen Namen, zum Beispiel Sportbrillen mit dem Label Red Bull Spect. Das Modell Riddle 001IBX besitzt eine kontrastverstärkende Verglasung. Das ist besonders im Gelände praktisch, weil der Untergrund besser zu erkennen ist, besonders bei wechselnden Lichtverhältnissen. Übertrieben gesagt, man erkennt jeden einzelnen Kiesel, wo man sonst die Beschaffenheit des Untergrunds nur erraten kann. Im direkten Vergleich mit einer herkömmlichen Fahrrad-Sonnenbrille ist tatsächlich zu sehen, dass Details mit der Riddle besser zu erkennen sind. Zudem ist das Glas photochrom, passt sich also der Sonneneinstrahlung an – in praller Sonne verdunkeln sich die Gläser, im Schatten werden sie heller. Das dauert allerdings immer ein paar Sekunden – bei der Fahrt aus einem schattigen Wald auf eine helle Lichtung darf man also nicht erwarten, dass die Tönung sofort einsetzt.
Das einteilige Glas besitzt zwei Längsschlitze am Übergang zum Rahmen für bessere Belüftung. Damit soll vor allem das Beschlagen der Gläser bei kühleren Temperaturen verhindert werden. Bei Hitze hat das auch den Vorteil, dass etwas Abkühlung hinter die Gläser gerät, so dass man im Bereich der Augen nicht so schnell ins Schwitzen kommt. Die Bügel sind für sicheren Sitz gummiert und zudem einstellbar. Die Brille kostet 120 Euro, was im Vergleich zu anderen Markenherstellern günstig erscheint. Andere Riddle-Modelle haben nur kontrastverstärkende Gläser ohne photochrome Eigenschaften, sie liegen bei 100 Euro.
Alles im Griff
Chiba ist ein traditionsreicher Handschuhhersteller und bietet auch zahlreiche Modelle für Radfahrende an. Eine Besonderheit ist das Bioxcell-System: Ein besonders dickes Gel-Kissen an der äußeren Handfläche hebt den Bereich des Karpaltunnels an und schützt ihn vor Druck. Das verhindert das Einschlafen der Hände, das viele Radfahrende besonders auf langen Ausfahrten plagt. Wer keine Probleme mit einschlafenden Händen hat, profitiert aber ebenfalls von der Technologie, denn die Polsterung absorbiert Vibrationen und Stöße. Gerade im Gelände ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Der Chiba Bioxcell Air ist ein idealer Sommerhandschuh durch das gut belüftete Material am Handrücken. Auch die Innenhand ist durch einen Mesh-Stoff sehr atmungsaktiv. Bei hohen Temperaturen sichert das ein angenehmes Klima im Handschuh. Ein Frottee-Einsatz am Daumenrücken dient dazu, sich Schweiß aus dem Gesicht wischen zu können. Schlaufen zwischen den Fingern erleichtern das Ausziehen der Handschuhe. Ebenfalls praktisch: Die Handschuhe lassen sich mit einem Clip verbinden. Daher muss man sie im Schrank nie einzeln suchen. Sie kosten 42 Euro und sind in verschiedenen Farben erhältlich.
Schuh für Profis
329,95 Euro für einen Mountainbike-Schuh? Da tippen sich wohl viele an die Stirn. Interessant ist es dennoch, den Schuh Tempr CFR, den Canyon-Stars wie Mathieu van der Poel oder Luca Schwarzbauer tragen, selbst auszuprobieren. Zunächst fällt die edle Erscheinung auf mit Boa-Verschlüssen aus Aluminium, die sich nach Beschädigung auch austauschen lassen. Die Waage zeigt bei Schuhgröße 45 ein Gewicht von 366 Gramm pro Schuh an – und das mit bereits montierten Pedalplatten. Wenige Schuhe dürften leichter sein. Die Sohle aus Carbon ist extrem steif für beste Kraftübertragung. Ausgestattet ist der Schuh mit einer ergonomischen Einlage von Solestar. Sie stützt das Fußgewölbe ab und sorgt so für dauerhaften Komfort. Denn bei fehlender Abstützung muss der Fuß selbst viel arbeiten, um das Fußgewölbe unter Last aufrechtzuerhalten, was sich auf Dauer durch Taubheit oder Schmerzen bemerkbar machen kann. Radschuhe werden üblicherweise mit Standard-Einlegesohlen ausgeliefert, Sohlen wie von Solestar müssen dann extra gekauft werden – für 50 Euro, was den Preis des Schuhs etwas relativiert.
Obwohl der Schuh für den Redakteursfuß eine halbe bis ganze Größe zu groß war, ließ er sich gut anpassen, wenn auch natürlich nicht so perfekt wie bei der passenden Größe zu erwarten. Eine sockenartige Konstruktion aus Mesh-Material umschließt den Fuß angenehm. Die Zehenbox ist großzügig ausgelegt, so dass auch breite Füße ausreichend Platz finden. Die Kraftübertragung ist durch die steife Sohle hervorragend, trotzdem fühlt sich der Schuh auch bei kurzzeitigem Gehen noch einigermaßen komfortabel an.
Ist der Tempr CFR seinen Preis wert? Ja, denn er ist ein herausragender MTB-Schuh. Wer ambitioniert Wettkämpfe bestreiten will, sollte ihn sich genauer ansehen. Für alle anderen dürfte sich die Investition eher nicht lohnen, da es schon für deutlich weniger Geld gute Schuhe gibt.
Wachsen statt ölen
Kettenwachs ist besonders im Radsport ein Trendthema. Die Kette mit Wachs anstelle von herkömmlichem Kettenöl zu behandeln, hat mehrere Vorteile: Die Schmierung ist dauerhafter, sorgt für weniger Reibungsverluste und Schmutz kann daran kaum haften bleiben. Das verlängert wiederum das Leben einer Kette.
Es gibt zwei Arten des Wachsens: Entweder man legt die Kette in flüssiges Wachs ein oder schmiert, ähnlich wie mit Kettenöl, die Kette mit Wachs aus der Tube. Allerdings bietet nur die erstere Prozedur alle Vorteile, ist dafür aber aufwändiger. Wir haben den Prozess ausprobiert mit dem Kettenwachs-System von Silca. Es besteht aus einem Topf, in dem das Wachs verflüssigt wird und einem Ständer, an dem die frisch gewachste Kette zum Abtropfen aufgehängt werden kann.
Zunächst muss man die Fahrradkette von ihrer originalen Schmierung befreien, da das Wachs sonst nicht haften kann. Silca bietet dafür zwei Lösungen an: Die Kette kann in die Chainstripper-Flüssigkeit eingelegt werden – sie entfernt die Schmierung der Kette komplett. Anschließend wird sie dann ins Wachsbad gelegt. Die Alternative ist der Strip Chip. Die Chips werden in Form einer Tafel Schokolade geliefert. Ein Stück davon wird mit in das Wachs gegeben und die Kette hineingelegt. Entfetten und Wachsen finden so in einem Arbeitsgang statt.
Vorteil der getrennten Behandlung ist, dass man das Wachs, das im Topf nach der Behandlung ausgehärtet ist, immer wieder benutzen kann. Nutzt man den Strip Chip, empfiehlt Silca den Wechsel des restlichen Wachses nach der Nutzung von sechs Chips. Zudem muss man das Wachs bei Zugabe des Strip Chips auf 125 Grad erwärmen – die Temperatur lässt sich am Topf einfach einstellen – während das reine Wachsen nur 75 Grad erfordert, der Energieverbrauch ist daher höher.
Nachdem die Kette etwa 10 Minuten im Wachsbad verbracht hat und gelegentlich etwas bewegt wird, kann man sie zum Abtropfen aufhängen. Ist sie abgekühlt, ist sie sehr steif – kaum vorstellbar, dass sie jemals leichtgängig laufen soll. Vor der Montage muss man die Gelenke mit den Fingern erst beweglich machen, was recht unkomfortabel ist. Einfacher geht es, wenn man die Kette einfach über ein rundes Rohr legt und dann hin- und herziehen kann. Ist sie wieder montiert, dauert es einige Kilometer, bis sie eingefahren und leichtgängig ist. Bis dahin macht sie ungewohnte Geräusche und auch die Schaltung kann etwas hakelig funktionieren. Dann aber läuft sie wie geschmiert. Vor allem die geringere Schmutzanhaftung machte sich in der Praxis bislang positiv bemerkbar. Und bei unbeabsichtigter Berührung der Kette verursacht man keine schwarzen Spuren an der Haut oder Kleidung.
Insgesamt ist das Wachsen im Vergleich zum Ölen aufwändig, zudem benötigt man einen Topf mit einstellbarer Temperatur. Unterm Strich spart man aber Zeit, weil man länger nicht nachschmieren muss – je nach Bedingungen kann man bis etwa 400 Kilometer weit damit kommen. Nach Fahrten bei Nässe kann sich allerdings Rost entwickeln, denn das Wachs ist kein guter Rostschutz. Für den Alltagseinsatz ist es daher für viele eher unpraktisch.
Ein Nachteil ist auch, dass nach dem Öffnen der Kette die meisten Kettenschlösser nicht mehr benutzbar sind. Das ist auf Dauer ein Kostenfaktor, daher greift man besser auf wiederverwendbare Kettenschlösser zurück.