Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e. V. (ADFC)

Gründung des Parlamentskreises Fahrrad am 10.10.2018 in Berlin: Die ersten Mitglieder und Gratulanten.

Gründung des Parlamentskreises Fahrrad am 10.10.2018 in Berlin. © Dirk Michael Deckbar

Parlamentarischer Abend „Faktor Fahrrad: Wirtschaftskraft und Lebensqualität“

Die Fahrrad- und Branchenverbände ZIV, VSF und ADFC luden am 10. Oktober 2018 zum gemeinsamen Parlamentarischen Abend „Faktor Fahrrad: Wirtschaftskraft und Lebensqualität“.

Rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, der Fahrrad- und Tourismusbranche sowie von Verkehrsunternehmen und Verbänden tauschten sich über die wichtige Rolle des Fahrrads für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Lebensqualität vor Ort aus.

Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV), betonte, dass Radfahren volkswirtschaftlich ein Gewinn sei. Albert Herresthal, Geschäftsführer des Verbunds Service und Fahrrad (VSF), forderte die Politik auf, die Begeisterung fürs Rad in politisches Handeln umzusetzen. ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagte: „Der Fokus des ADFC liegt neben dem Alltagsradfahren und der Verkehrswende auch auf dem Fahrradtourismus, der einen Umsatz von 10 Milliarden Euro generiert.“

Rolle des Bundes

Enak Ferlemann (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sagte, dass die Regierung den Modal Split deutlich erhöhen wolle. 25 Millionen Euro-Förderung für Radschnellwege seien bereitgestellt und könnten bei Bedarf erhöht werden. „Es ist eine spannende Zeit fürs Fahrrad“, so Ferlemann.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Cem Özdemir (MdB), mahnte, dass sich die Verkehrspolitik noch zu stark aufs Auto konzentriere. Radfahren sei nicht nur eine Sache des Klimaschutzes, sondern bedeute auch Freiheit und leiste einen Beitrag zur Integration. Messlatte für eine gute Verkehrspolitik sei die Verkehrssicherheit. „Radfahren darf weder Kunststück noch Mutprobe sein“, so Özdemir. Er forderte die Überarbeitung der StVO anzupacken: „Parkende Autos haben mehr Rechte als Kinder, die mit dem Rad zur Schule fahren.“

Wirtschafts- und Jobmotor Radverkehr

Im ersten Panel zum Wirtschafts- und Jobmotor Radverkehr lieferte Bernhard Lange, Geschäftsführender Gesellschafter der Paul Lange und Co. OHG, Zahlen: In Deutschland gibt es mittlerweile 73,5 Millionen Fahrräder, davon fast vier Millionen Elektroräder. Die Fahrradbranche sichert 278.000 Arbeitsplätze und generiert einen Umsatz von 16 Milliarden Euro. „Machen Sie aus Deutschland ein Fahrradland“, appellierte Lange an die Politik.

 

Fachhandel, Start-ups und Pakete

Thorsten Larschow, Rad & Tour Cuxhaven und VSF-Vorstand, betonte die Rolle des Fachhandels als Dienstleister vor Ort. Radfahrende Kunden seien kaufkräftig und treu. Wer den Mut habe, Autoparkplätze zugunsten des Radverkehrs zu reduzieren, erhalte attraktivere Innenstädte.

Ulrike Saade, Geschäftsführerin von Velokonzept, sprach zur Rolle von Start-ups als Impulsgeber und Innovationstreiber für die etablierte Wirtschaft und betonte, dass beide Seiten von einem gegenseitigen Austausch profitieren können.

Carsten Hansen, Beauftragter für Innenstadtlogistik beim Bundesverband Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK), berichtete, welche Rolle Elektromobilität und Mikro-Depots in der Logistikbranche spielen und in Zukunft spielen könnten: „Konservativ geschätzt, könnten 20 Prozent der Waren mit dem Fahrrad transportiert werden“.

Lebensqualität statt Stau

Um das Thema „Work-Life-Balance – Lebensqualität statt Stau“ ging es im zweiten Panel. Der ADFC-Bundesvorsitzende Ulrich Syberg appellierte an die Unternehmen, den Arbeitsweg per Rad zu erleichtern, denn gut ausgebildete Menschen wollten attraktive Arbeitgeber und Wohnorte. „Deutschland muss mehr ausprobieren“, so Syberg.

Kostentreiber motorisierter Individualverkehr

Dr. Claus Doll vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zeigte, dass der Verkehr 500 Milliarden Euro externe Kosten verursacht. Dafür sei größtenteils der motorisierte Individualverkehr verantwortlich. Mehr Fuß- und Radverkehr könnte die Kosten reduzieren und Vorteile für die Gesundheit der Menschen bringen.

Das Thema griff Dr. Susanna Wiegand von der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) auf: Über 50 Prozent der Erwachsenen seien übergewichtig, bei Kindern zwischen drei und 17 Jahren fast zwei Millionen. Viele Eltern würden ihre Kinder aus Angst nicht mit dem Rad zur Schule schicken.

 

Wirtschaftsfaktor Fahrradtourismus

„Deutschland ist Fahrradtourismusland“, sagte Dirk Wetzel von der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. 29 Prozent der Menschen, die im Urlaub mit dem Rad fahren, würden das Fahrrad auch im Alltag für sich entdecken. „Wir müssen den Fahrradtourismus nutzen, um Deutschland auch zum Fahrradland zu machen“.

Gründung des Parlamentskreises Fahrrad

Zum Ende des Parlamentarischen Abends gab es dann einen Meilenstein zu feiern: Die Gründung des „Parlamentskreis Fahrrad“. Einen solchen Kreis hatte der ADFC schon vor Jahren angeregt. Jetzt wurde er fraktionsübergreifend auf Initiative von Gero Storjohann (CDU), Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, gegründet, um das Thema Radverkehr gemeinsam anzupacken. Auch Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) setzt große Hoffnungen in den Zusammenschluss. Dem „Parlamentskreis Fahrrad“ dürfen alle Mitglieder des deutschen Bundstages und dessen Mitarbeiter beitreten, die den Radverkehr voranbringen wollen.

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